„Heribert Reul traf in Begeleitung seines fachkundigen Bruders ein, ging auf’s Gerüst und steckte anhand der Vollmaßzeichnung die Felder ab, wie er sie für den jeweiligen Farbputz geplant hatte. In der Verputztrommel mischte er selbst die Farben ein und gab Anweisung, wo der Putz anzulegen sei. Als er danach ungeniert verlangte, den abschließenden Feinputz über die ganze Wand auf die nassen farbigen Flächen zu legen, brach so etwas wie Riesenpanik aus durch Protest der Verputzer. Die doppelten Putzschichten würden unweigerlich ins Rutschen geraten, weil die Unterschicht noch nicht trocken sei. Das könnte eine kostspielige Bescherung und Verzögerung geben. Heribert Reul beteuerte seine langjährige Erfahrung in dieser Kunstmanier und flehte um Weitermachen. Über dieser Arbeit einschießlich Aufregung verging ein Tag und ein halber. Der Künstler bedankte sich für die geleistete Arbeit der Putzer und hatte ein respektvolles Lob für die gute Ausführung. – Jetzt stiegen er und sein Bruder wieder aufs Gerüst und begannen mit Spachteln, Messern und Stiften zu kratzen – daher der Name Kratzputz – anhand ihrer Zeichnung. Auch sie brauchten einen Tag und einen halben – und das große Bild war da, farbig und plastisch aus dem hellen Feinputz herausgeholt. Hier und da legten sie noch kleine rote Putzflächen zu, wuschen sich die Hände und gesellten sich zu den Betrachtern im Kirchenschiff, die staunend wie Kinder ihre Köpfe schüttelten.“
Felix Leushacke in: „Deutsche Pallottiner in St. Boniface’s Germa Mission London, 1903-1996“ – Mit Dank an Brigitte und Rolf-Jürgen Spieker