Diesen und einen ähnlichen Entwurf beleuchtet Herr Christian Dijkstal dankenswerterweise wie folgt:
Die Darstellung zeigt den heiligen Stephanus, also den ersten Märtyrer der Kirche, dessen Fest am 26. Dezember gefeiert wird. Warum eindeutig Stephanus? Die dargestellte Person mit der Gloriole trägt ein Diakonengewand – Stephanus war bekanntlich Diakon. Zu Füßen der Figur liegen Steine – Stephanus wurde gesteinigt. (Daher auch das rote Gewand, denn die liturgische Farbe für Märtyrerfeste ist – wie die für Palmsonntag – Rot.) Die Palmzweige und die Kronen, die auf den Palmsonntag verweisen könnten, sind hier (grundsätzlich) als Märtyrer-Attribute zu deuten: Den Menschen, die für ihren Glauben sterben, ist „die Krone der Herrlichkeit“ versprochen; der Palmzweig ist ein klassisches Märtyrer-Attribut. Der Name Stephanus kann aus dem Griechischen in etwa mit „Krone“ übersetzt werden. Und nicht zuletzt heißt es im Eingangsvers der Messfeier an seinem Gedenktag: „Das Tor des Himmels öffnete sich für Stephanus. Er zog als erster der Blutzeugen ein und empfing die Krone der Herrlichkeit.“
Die Kasel-Skizze mit der Heiliggeist-Taube könnte – sofern es sich nicht um ein eigenständiges Pfingstgewand handelt – die zweite Seite des gleichen Gewands darstellen: Das Muster, das um den Kragen herum angeordnet ist, entspricht genau dem Kragenschmuck der Stephanus-Kasel. Die Flammen und Feuerzungen sind den Kronen und Palmzweigen ähnlich angeordnet (verstreut). Auch ist die Textur des roten Grunds auf beiden Skizzen ganz ähnlich ausgeführt. Auch symbolisch ergäbe die Kombination einen Sinn: Der Heilige Geist, der – nach christlichem Verständnis – ja auch im Bekenntnis der Märtyrer wirkt, passt natürlich schon insofern zum Stephanusfest. Er erinnert aber auch unmittelbar an die Textstelle der Lesung des Tages: „Er aber, erfüllt vom Heiligen Geist, blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: <…>“. Eine weitere, aber unwahrscheinlichere Erklärung für die Kombination Stephanus-Heiliger Geist auf ein und demselben Gewand wäre die, dass hier der Entwurf einer Pfingstkasel für eine St. Stephanuskirche angefertigt wurde bzw. dass das Gewand in einer Stefanskirche für das Patrozinium und für das Pfingstfest Verwendung finden sollte.
Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers zur Veröffentlichung auf diesen Seiten. [6. Januar 2023]